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Abendführung: Kanalisation in Zürich 2017

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Von der Schissgroub zur modernen Stadtentwässerung
der Stadt Zürich

Wasserversorgung und Abwasserentsorgung von
der Römerzeit bis ins 20. Jh.

Am 5. April 2017 begab sich eine Gruppe des Frauenvereins Birmensdorf zusammen mit dem Historiker Martin Illi auf einen Altstadtrundgang entlang der Limmat. Beginnend mit einem Einblick in den römischen Hafen mit den Resten einer Therme lernten wir viel über die Organisation des Stadtlebens im mittelalterlichen Zürich, wo Schlacht- und Färbereiabfälle direkt in die Limmat entsorgt wurden, während man gleichzeitig dank eines Wasserschöpfrades in der Mitte der Münster- und der Rathausbrücke relativ sauberes Trinkwasser direkt aus dem Zürichsee schöpfen konnte. Unter dem Münsterplatz, der zum Glück nie überbaut wurde, fanden die Archäologen Grundmauern und vor allem nicht entleerte Schissgrouben der mittelalterlichen Bebauung, die uns heute genaue Auskünfte über das Essverhalten der damaligen Bevölkerung geben können.

Herr Illi hatte auch ein getrocknetes Stück Kot zur Hand, in dem man z.B. einen Kirschkern erkennen konnte. Zu unserem Erstaunen erfuhren wir, dass das Obst in damaliger Zeit das Gemüse ersetzte, da unser heutiges Gemüse erst viel später gezüchtet oder aus Südamerika importiert wurde! Man ass also eher „à la Fastfood“ Fleisch mit Brot oder Getreidebrei und Obst, aber auch Fisch und gesammelte Eicheln Pilze und andere Gewächse aus dem Wald. Vor allem erstaunte uns aber, dass der Inhalt der Schissgrouben einen echten finanziellen Wert darstellte. Die Stadt verkaufte die Fäkalien an die Weinbauern des Umlandes und auch Privatleute machten mit ihrem Kot gute Geschäfte. Dies machte eine Umstellung auf eine moderne Schwemm-Kanalisation in Zürich im 19. Jahrhundert praktisch unmöglich.

Niemand war bereit auf dieses geregelte Einkommen zu verzichten. Mit Herrn Illi konnten wir dann einen Ehgraben betreten, in dem seit dem Mittelalter die Fäkalien gesammelt wurden. In einem Erker an der Hauswand sitzend konnte man seine Fäkalien direkt an der Hauswand entlang in den Graben plumpsen lassen. Das natürliche Gefälle liess die Flüssigkeiten abfliessen. Zusammen mit dem Stroh, das als Klopapier diente, wurden die festen Bestandteile so zum perfekten Dünger. Mit einer neuen Gesetzesregelung von 1867 änderten sich die Verhältnisse dann etwas. Die offenen Ehgräben wurden überdacht und Herr Bürkli (der vom Bürkliplatz!) bemühte sich, eine moderne Abwasserlösung zu finden. Er liess unter dem Ehgraben vorausschauend einen Abwasserkanal legen, die Bewohner der Häuser liessen aber weiterhin ihre Fäkalien in Fässer an den Seitenwänden des Ehgrabens fallen, die dann regelmässig geleert und zu Geld gemacht werden konnten. Erst mit der Umstellung der Schweizer Landwirtschaft auf Milchkuhhaltung nach dem ersten Weltkrieg, wurde der Verkauf der Grossstadt-Fäkalien hinfällig und die moderne Schwemmkanalisation konnte in Betrieb genommen werden. Der Nachteil: bis in die 60ger Jahre gingen alle Abwässer ungeklärt in die Limmat, die sie dann ins Aargau transportierte! Wir hatten viel Spass bei dieser Führung und konnten allerhand Neues lernen. Die Tatsache, dass das elektrische Licht im Ehgraben ausgefallen war und wir mit unseren Handys für Beleuchtung sorgen mussten, machte das Erlebnis nur noch spannender!

Für den Frauenverein Birmensdorf
Birgitta Zimmermann


Frauenverein Birmensdorf - Generationen verbinden - www.frauenvereinbirmensdorf.ch